Gott weiß, ich hab's versucht...
Geschrieben von sjAlfur unter séNET
...naja. Es ist so: Vor einiger Zeit, es mag Monate her sein, vermutlich noch bei Blogigo, da sagte ich, dass ich den Spreeblick-Blog nicht mag. Das war kein Versuch, Aufmerksamkeit durch das Anlegen mit der A-List zu scheffeln, sondern meine damals ziemlich subjektive Meinung. Da ich das aber gerne auch revidiere, weil ich prinzipiell nichts gegen ein Blog sagen will, nur weil ich grad zufällig einige Beiträge nicht mochte, habe ich gedacht, ich versuch das nochmal. Das lag auch daran, dass sich der Spreeblick-Johnny gerade mit einem Thema befasste, zu dem ich zufälligerweise aktuell meine Abschlussarbeit schreibe bzw. auch schon diverse Arbeiten geschrieben habe.
Es geht um "die Musikindustrie" und "ihre Fehler" und dass die ja alle zu blöd sind, zu erkennen, was wir schlauen Blogger schon lange geblickt haben: Wie man es machen muss, damit es wieder läuft mit dem Musikgeschäft.
Auf der einen Seite hat der Beitrag viele gute Ideen, die dort in eine Art thematischen Fahrplan gefasst wurden, auf der anderen Seite ist das zu 99 % aber auch nichts wirklich neues. Es ist einigermaßen gut geschrieben, ganz nett zusammengefasst, und ich nehme auch einfach mal an, dass der Autor sich dessen bewusst ist, dass er nihct gerade den goldenen Weg der digitalen Musikverbreitung gefunden hat. Aber der Grundton des Beitrags verleitet leider viele der kommentierenden Leser dazu, sich in ihrem heroischen Kampf als freie Internetgemeinde gegen die böse Industrie zu stellen, dem Beitragschreiber mit weitestgehend inhaltsleeren Kommentaren die Eier zu kraulen und... naja... ganz nebenbei genau das zu bestätigen, was ich aktuell auch in meiner Arbeit behandel: das Verhalten in der Internetgemeinde zu genau dem Thema.
Es gibt genausowenig "die böse Musikindustrie", wie es "die böse, schwarzbrennende Internetgemeinschaft" gibt. Auf beiden Seiten gibt es genug Leute, die das erkennen und an Alternativen arbeiten, aber wieder einmal zeigt sich, dass es immer noch genug Leute gibt, die lieber rumschreien anstatt sich zu informieren. Anders jedenfalls lässt sich nicht erklären, warum jemand kommentiert, er habe nie so gute Ideen dazu gelesen...
Immerhin... als Fallstudie war es natürlich auch für meine Arbeit eine absolute Steilvorlage...
.x... sjÁlfur
Wenn also die Expansion des Internets einhergeht mit einem Rückgang der Umsätze bei CDs, so ist der Schuldige schnell ausgemacht. Wenigstens aus Sicht der Leute die jetzt weniger Geld verdienen. Also werden zutiefst kurzfristige Entscheidungen getroffen. Ein Phänomen das man jeden Tag in einer politiknahen Schicht beobachten kann.
Und machen wir uns nichts vor... Ich selbst kenne eine Menge Menschen die eine CD-Abteilung nur noch vom Hörensagen kennen. Ich bedauere das weil Musik keineswegs ein kostenloses Gut ist. Aber ich verstehe auch das die Preise überwiegend einfach weit ab von gut und böse dastehen. Aber was ist hier Ursache und was Wirkung? Ich denke der Vergleich mit einer Spirale ist noch am ehesten zu gebrauchen. Es hat begonnen und sich seit dem einfach fortgesetzt. Und nun?
Klar, einige Punkte sind sicherlich sinnig. Aber tatsächlich immer die selben... was auch daran liegt das sie die einzig sinnigen sind. Aber genauso gut sollte der User bei sich anfangen... Es gibt hier nicht nur Opfer und nicht nur Täter. Es ist eine Kombination. Und das sinnfreie rumgehacke auf dem jeweils anderen bringt sicherlich nichts...
Natürlich gibt es nicht nur "Böse" und "Gut" (zufällig die ersten Absätze des Artikels auch gelesen, in denen ich exakt darüber schreibe?) Und dennoch ist es eine Tatsache, dass es wenige Branchen gibt, die sich den digitalen Entwicklungen derart verweigern wie die Musik- und Filmindustrie - beide beharren mit ähnlicher Borniertheit auf ihren Geschäftsmodellen, die seit vielen Jahren Kurven nach unten zeigen.
Wenn ich dabei von Ignoranz und Arroganz seitens "der Industrie" rede, dann basiert das auf Erfahrungen, die ich seit, na, sagen wir mal, rund 23 Jahren mit den entsprechenden "Entscheidern" gemacht habe (und von denen ich mindestens 13 Jahre lang direkt mit verschiedenen Labels und Verlagen gearbeitet habe, was ich inzwischen durch Toni Mahoni wieder tue).
Das stammt nicht aus der MaFo, nicht aus Studien, nicht aus der Uni, nicht aus dem Internet, sondern aus direkten Gesprächen mit den Leuten, um die es geht. Mit Vertretern der GEMA habe ich vermutlich schon über digitale Kultur und Urheberrechte diskutiert als du noch nicht mal überlegt hast, was du studieren willst. :)
Sorry, ich klinge jetzt gerade sehr viel arroganter als ich bin und das ist alles nicht böse gemeint, ich freue mich ja über Widerspruch/ Ergänzungen/ Hinweise, aber immer wenn ich denke "Jetzt gibt er bessere Beispiele!" kommt m.E. nur Rumgeeiere. Und wenn mir eins auf die Nüsse geht, dann ist es als "Kritik" getarntes hin und her rudern ohne selbst "Butter bei die Fische" packen zu können.
Mag ja sein, dass deine Arbeit grandios wird, aber noch liegt sie nicht vor und wie ich schon drüben in den Kommentaren sagte: Quatsch doch nicht nur von den neueren und tolleren Ideen, die es überall geben soll, sondern schreib über sie (hier und nicht in deiner Abschlussarbeit, die vielleicht im Höchstfall 13 Leute lesen werden) verlinke die Quellen, von denen du erzählst, mach eigene Vorschläge. Von den Nörglern, die du (da bin ich ganz bei dir) nicht hören magst, bist du sonst nicht so richtig weit entfernt.
Es gibt keinen Masterplan, den kann es gar nicht geben. Es kann nur Austausch von Ideen, Beteiligung an Diskussionen und Versuche der Einflussnahme geben. Glaube ich.
Nochmal: Nichts für ungut, klingt alles arroganter, als es gemeint ist.
Dass du vermutlich mehr Erfahrung in der Branche haben wirst, will ich gar nicht weiter bestreiten, ich stehe da ja selbst noch ziemlich am Anfang.
Was mich nur jedesmal wieder tierisch nervt ist das "Einer stellt es in den Raum und viele sonnen sich in Kollektivmeinungen", was man leider auf Blogs eben sehr häufig antrifft.
Es geht mir nicht um neue Ideen oder was weiß ich (also natürlich geht es mir darum, aber das war nicht Kernpunkt meines Kommentars bzw. Beitrags), sondern darum, wie planbar die Reaktionen ausfallen. Natürlich gab es auch sinnvolle Kommentare, keine Frage, aber die Art und Weise, wie sich teilweise eine Meinung gebildet wird, halte ich für bedenklich. Vielleicht bin ich da etwas paranoid, aber wenn man seine Meinung mit einem Blog wie deinem stützen kann, dann macht das schon etwas her, und mir persönlich bot der Beitrag einfach zuviel Potenzial für diejenigen, die sich als Freiheitskämpfer gegen "die Musikindustrie" bestätigt sehen...
Aber: Lassen wir das hier, sonst schreibe ich bei dir gleich nochmal exakt das selbe, das führt nicht wirklich weiter...
Achja, und das "anonym" ist so eine twoday-Einstellung für Leute ohne twoday-Blog... müsste ich bestimmt irgendwo ändern können...
PS
Und bitte vergiss mal das Ding mit großen und kleinen Blogs und so, im Ernst, da komme ich mir blöd vor, weil ich ja auch nur meine Gedanken und Erfahrungen aufschreibe. Ich hab mich noch viel mehr aufgeregt, als kein Arsch Spreeblick gelesen hat (wahrscheinlich genau deshalb, man geht davon aus, dass eh keiner zuhört …) und deine Reaktionen klingen nicht annähernd so, als wolle da jemand Klicks abgreifen (was man trotzdem ja auch mal machen kann von mir aus). solche Leute erkennt man schnell, die klingen ganz anders.
Danke für den Hinweis bzgl. "anonym"!
Ich glaube schon, dass es aber einen kleinen Unterschied macht, denn mehr Leser, deren Art zu reagieren man ja kennt, lässt einen sicherlich auch die eigenen Beiträge überdenken. Kann ich mir jedenfalls vorstellen... Ich kann hier manchmal den größten Mist schreiben und laufe kaum Gefahr, dass jedes Wort auf die Goldwaage gelegt wird, bei dir braucht nur mal einer wie ich kommen und zwischen den Zeilen zu lesen wo entweder nichts ist, oder nichts gewünscht ist...
Vielleicht war meine Kritik etwas überzogen, letztlich hat die Diskussion (zumindest mir) aber einige Dinge gebracht, weshalb es dann (aus meiner Sicht) gar nicht so verkehrt war.
[Also Vorsicht! Ich komme vielleicht wieder...]
ist das Problem an der Diskussion nicht gerade die Unterteilung in Gut und Böse?! Und jede Seite schiebt sich gegenseitig die Schuld zu.
Ich hatte auch mit der Branche in Bereichen zu tun, die vom Mainstream erst langsam entdeckt werden. Und komisch, dort gibt es diese Auseinandersetzungen nicht. Dort kann man schon seit Jahren DRM freie MP3s laden, sofern man sie denn bezahlt. Die Entscheidungsträger auf Seiten der Musikindustrie haben aber diesen Zug verpasst. Wenigstens was den lukrativen Teil der Sache angeht. Ebenso haben die Hardcore-Brenner verpasst das Musik nicht nur ausnahmslos via eDonkey zu kriegen ist.
Ich neige dazu zu behaupten das es - nur was diese beiden Gruppen angeht - keine Lösung gibt. Aber das Problem wird sich von allein lösen wenn die nächste Generation an ihre Stelle tritt. Und ich bin mir sicher das die Lösungsmodelle die jetzt schon immer mal wieder angestrebt und / oder probiert werden, dann ganz selbstverständlich Einzug halten. Oder sagen wir, ich hoffe das... *g*
Aber: Ich habe bisher noch keinen wirklichen "Star" oder "Hit" (das muss ja nicht gleich was schlimmes sein …) aus den neueren Modellen entstehen sehen, was ja bei Betrachtung ökonomischer Chancen nicht unwichtig wäre, das ist aber vielleicht noch zu früh. Und ich kenne ein paar Zahlen von Netlabels, die ihre Kunden nicht fairer behandeln könnten, doch die Zahlen sind ernüchternd bis traurig. Und beinahe jeder Künstler, von dem ich weiß, dass er nach seinem Dasein als Netlabel-Künstler ein Angebot eines größeren Labels bekommen hat, hat dieses Angebot angenommen und im schlimmsten Fall sogar danach seine ehemals "freien" Songs aus dem Netz genommen.
Es ist noch ein langer Weg un dich weiß nicht einmal genau, wohin. ;)
[Aktuell finde ich in dem Punkt (auch wenn das Thema ziemlich ausgelutscht ist) die Strategie von Radioheads "In Rainbows" spannend...]
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